In Wien können derzeit Bauwerke, die ohne Baubewilligung oder abweichend von einer Baubewilligung errichtet wurden, in 2 Fällen nachträglich legalisiert werden: (1.) sie entsprechen den Bestimmungen der Wiener Bauordnung (Wr. BO) oder (2.) sie bestehen seit zumindest 30 Jahren. Die zweite Möglichkeit der Legalisierung wird – entsprechend der letzten Novelle zur Wr. BO – mit Wirkung zum 31.12.2027 gestrichen.
Hintergrund:
Insbesondere in der Zwischenkriegszeit und in den ersten Jahren nach dem 2. Weltkrieg wurden in Wien zahlreiche Bauwerke ohne Baubewilligung errichtet, vor allem Kleingartenhäuser.
Eigentlich hätte die Wiener Baubehörde (MA 37) für diese bewilligungslos errichteten Bauwerke „Abbruchbescheide“ (§ 129 Abs 10 Wr. BO) erlassen müssen. Da damals Wohnraum jedoch dringend benötigt wurde, hat die Magistratsdirektion die MA 37 bis in die 1960er-Jahre mit sogenannten „Toleranzerlässen“ angewiesen, keine Abbruchbescheide zu erlassen bzw. bereits erlassene Abbruchbescheide nicht zu vollstrecken, sondern diese Bauwerke möglichst nachträglich zu bewilligen. In vielen Fällen lösten jedoch die Toleranzerlässe die Probleme nicht: entsprechen solche Bauwerke nicht den aktuellen Bestimmungen der Wr. BO, konnten sie auch nicht nachträglich bewilligt werden; und als bloße Verwaltungsanweisungen gaben die Toleranzerlässe den Eigentümern solcher Gebäude keine Rechtssicherheit.
Bewilligungen für Bauten langen Bestandes:
Eine Novelle der Wiener Bauordnung 1998, mit welcher § 71a Wr. BO eingefügt wurde, bot Abhilfe: hat ein Bauwerk zur Gänze oder in wesentlichen Teilen seit mehr als 30 Jahren an derselben Stelle ohne jede Baubewilligung bestanden und ist es auch nicht möglich, dieses Bauwerk nachträglich zu bewilligen, kann der Eigentümer eines solchen Bauwerks eine Bewilligung auf Widerruf erlangen; für das Bauwerk müssen der MA 37 nur vollständige Bestandspläne im Sinn des § 63 Abs 1 lit. a und des § 64 der Wr. BO vorgelegt und die zumindest 30-jährige Bestandsdauer nachgewiesen werden; subjektiv-öffentliche Nachbarrechte, wie insbesondere auf Einhaltung der zulässigen Bauhöhe und auf ausreichendem Abstand von der Grundgrenze, sind bei der Erteilung einer Bewilligung für ein Bauwerk langen Bestandes gemäß § 71a Wr. BO nicht zu beachten.
Ab Ende 2027 werden keine Bewilligungen für Bauten langen Bestandes mehr erteilt:
Obwohl in Wien nach wie vor viele konsenslose Bauwerke bestehen, die den aktuellen Bestimmungen der Wr. BO nicht entsprechen und daher keine Chance auf nachträgliche Bewilligung haben, hat der Wiener Landtag in der Novelle zur Wr. BO 2023 beschlossen, dass § 71a Wr. BO mit Ablauf des 31.12.2027 ersatzlos gestrichen wird.
Um zu vermeiden, dass ab dem 1.1.2028 für solche konsenslosen Bauwerke Abbruchaufträge erteilt und vollstreckt werden, müssen für derartige Schwarzbauten, die seit mehr als 30 Jahren an derselben Stelle ohne Baubewilligung bestehen, sobald wie möglich Bewilligungen gemäß § 71a Wr. BO beantragt werden.
Wenn Sie also nicht sicher sind, ob für Ihr in der Zwischenkriegszeit oder den Nachkriegsjahren errichtetes Haus eine Baubewilligung vorliegt, sollten Sie das möglichst bald bei der Baubehörde (MA 37) abklären und erforderlichenfalls eine Bewilligung gemäß § 71a Wr. BO einholen. Wir beraten und unterstützen Sie gerne.