In Ballungsräumen, insbesondere in Wien, steigt der Bedarf an Wohnungen. Gleichzeitig stehen immer mehr Büroflächen leer.
Wohnungen sind an vielen Standorten wesentlich leichter zu verwerten als Büros. Ursprünglich für eine Büronutzung konzipierte Flächen entsprechen oft nicht mehr den Bedürfnissen und müssten ohnehin baulich adaptiert werden. Vielfach besteht der Wunsch, aktuell leer stehende Gewerbe- und Büroobjekte als Wohnungen nutzbar zu machen, vor allem wenn sie gut an das öffentliche Ver- kehrsnetz angebunden sind und attraktiven, individuellen Wohnraum bieten.
Öffentlichrechtliche Grundlagen der Umwidmung – Flächenwidmung, Bebauungspläne, Baubewilligung:
Die Nutzung von Räumen, etwa als Büro oder als Wohnung, muss der Flächenwidmung entsprechen. In den Flächenwidmungs- und Bebauungsplänen bestimmt die Gemeinde konkret für jedes Grundstück die Nutzungsart (Widmung), z.B. im Bauland: Wohngebiet, Wohngebiet-Geschäftsviertel, gemischtes Baugebiet und Industriegebiet (siehe etwa § 4 BO für Wien), und ebenso die Bebaubarkeit, wie insbesondere Fluchtlinien, Bauklassen, flächen- und volumsmäßige Ausnutzbarkeit von Bauplätzen, Schutzzonen, Wohnzonen, Zonen für Großbauvorhaben, Geschäftsstraßen und Einkaufszentren samt genauen Bestimmungen über konkrete Ausgestaltungen und Beschränkungen (siehe etwa § 5 BO für Wien). Innerhalb der einzelnen Gebiete und Zonen werden bestimmte Nutzungen konkretisiert: in Wien dürfen etwa in Wohngebieten nur Wohngebäude und Bauwerke, die religiösen, kulturellen oder sozialen Zwecken oder der öffentlichen Verwaltung dienen, errichtet werden und in solchen Wohngebäuden wiederum Büro- und Geschäftsräume nur dann, wenn sichergestellt ist, dass nicht Emissionen (Rauch, Staub, Geruch, Geräusche, Wärme, Erschütterungen) den Wohnzweck beeinträchtigen können; in als Geschäftsvierteln ausgewiesenen Teilen eines Wohngebietes oder gemischten Baugebietes dürfen Wohnungen etwa nur dann errichtet werden, wenn der Fußboden zumindest 3,5 Meter über dem anschließenden Gelände/der Verkehrsfläche liegt; in den als Betriebsbaugebieten ausgewiesenen Teilen des gemischten Baugebietes sowie im Industriegebiet dürfen keine Wohnungen errichtet werden, ausgenommen allenfalls Wohnungen für die Betriebsleitung oder –aufsicht (siehe etwa §§ 6 ff BO für Wien). Nur unter den Voraussetzung des § 69 BO für Wien kann eine Abweichung vom Bebauungsplan bewilligt werden.
In allen Gebieten und Zonen, in denen, wie im vorstehenden Absatz beschrieben, Wohnungen errichtet werden dürfen, dürfen als Büro gewidmete Räumlichkeiten in der Regel grundsätzlich durch eine Baubewilligung in eine Wohnung umgewidmet werden (siehe etwa § 60 Abs. 1 lit. c) BO für Wien). Selbstverständlich müssen dabei auch die sonstigen laut Bauordnung notwendigen baulichen Anforderungen an eine Wohnung erfüllt sein (siehe etwa § 119 BO für Wien). Nur dann, wenn bloß geringfügige bauliche Änderungen durchzuführen sind und durch die Umwidmung keine Stellplatzverpflichtung ausgelöst wird, reicht für die Umwidmung eines Büros in eine Wohnung bereits eine Bauanzeige. Umgekehrt bedarf jedoch die Umwidmung einer Wohnung in ein Büro stets einer Baubewilligung (§ 62 Abs. 1 Ziff. 4 BO für Wien). Auch in Kärnten, Salzburg, Steiermark, Tirol und Vorarlberg ist die „Änderung der Raumwidmung“, damit auch die Umwidmung von „Büro“ in „Wohnung“, baubewilligungspflichtig. Im Burgenland, in Niederösterreich und in Oberösterreich reichen für solche Umwidmungen grundsätzlich Bauanzeigen.
Umwidmung bei Wohnungseigentum – § 16 WEG
Besteht auf einer Liegenschaft Wohnungseigentum (WE), wird zwischen den einzelnen Wohnungseigentümern im WE-Vertrag, auf Grundlage des Nutzwertgutachtens (NWGA) auch die Widmung der WE-Objekte (z.B. Wohnung, Geschäftslokal, Ordination oder Büro) festgelegt. Von einer solchen Widmung können die Wohnungseigentümer selbstverständlich im Einvernehmen wieder abgehen, etwa durch Änderung des WE-Vertrags einvernehmlich ein „Büro“ in eine „Wohnung“ umwidmen. Möglich ist auch, vorweg im Wohnungseigentumsvertrag einem Wohnungseigentümer das Recht, sein WE-Objekt etwa von „Büro“ in „Wohnung“ umzuwidmen, einzuräumen. Darüber hinaus berechtigt § 16 Abs. 2 WEG 2002 jeden Wohnungseigentümer, Änderungen (einschließlich Widmungsänderungen) an seinem Wohnungseigentumsobjekt auf seine Kosten durchzuführen, sofern die Änderung insbesondere weder eine Schädigung des Hauses noch eine Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen der anderen Wohnungseigentümer, noch eine Beeinträchtigung der äußeren Erscheinung des Hauses, noch eine Gefahr für die Sicherheit von Personen, des Hauses oder von anderen Sachen zur Folge hat. Dieses Änderungsrecht ist als vertraglich nicht abdingbares Individualrecht jedes Wohnungseigentümers ausgebildet. Ein Wohnungseigentümer, dessen WE-Objekt entsprechend WE-Vertrag / NWGA als Büro gewidmet ist, hat daher – innerhalb des sonstigen gesetzlichen Rahmens – gegenüber den andern Wohnungseigentümern Anspruch auf Umwidmung in „Wohnung“. Allerdings kann er nicht ohne weiteres eigenmächtig umwidmen (und zwar auch dann nicht, wenn die Umwidmung baubehördlich bewilligt wäre). Vielmehr müssen alle anderen Wohnungseigentümer einer solchen Umwidmung formal zustimmen (ein Mehrheitsbeschluss reicht nicht). Falls ein Wohnungseigentümer der Umwidmung nicht zustimmt, ist der die Umwidmung begehrende Wohnungseigentümer berechtigt, die Umwidmung im WE-Außerstreitverfahren durchzusetzen (§ 52 Abs. 1 Ziff 2 iVm § 16 Abs 2 WEG 2002).
In umgekehrten Fällen (Umwidmung von „Wohnung“ in „Büro“, „Arztpraxis“ oder „Beherbergungsbetrieb“) sieht der OGH wegen der Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen der anderen Wohnungseigentümer kaum eine Umwidmung für zulässig (vgl. z.B. OGH 5 Ob 114/85, OGH 5 Ob 277/04 b, OGH 3 Ob 158/11 y, OGH 5 Ob 59/14 h). Bei der Umwidmung von „Büro“ in „Wohnung“ werden hingegen die allgemeinen Teile der Liegenschaft durch die zukünftige Verwendung als Wohnung weit weniger und für gewöhnlich auch nicht durch hausfremde Personen frequentiert; störende Lärm- und Geruchsbelästigungen sind in der Regel – anders als bei einem Geschäftslokal – auszuschließen. Eine Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen der anderen Wohnungseigentümer ist durch eine Umwidmung von „Büro“ in „Wohnung“ in der Regel nicht zu befürchten. In 5 Ob 83/11h musste sich der OGH mit dem Einwand von möglichen Beschwerden der künftigen Bewohner einer umgewidmeten Wohnung wegen Lärmemissionen von Geschäftslokalen auseinandersetzen, hat dazu aber entschieden, dass die Wohnungseigentümer aus einem solchen Grund einer Umwidmung von „Büro“ in „Wohnung“ nicht widersprechen können, selbst wenn sämtliche andere WE-Objekte als Büro- oder Geschäftsräume gewidmet sind. Grund: der in „Wohnung“ umwidmende Wohnungseigentümer muss die bereits vorhandenen Geschäftslokale mit den bereits ortsüblichen Emissionen, wie etwa Lärm in den Nachtstunden, dulden.
Ändert ein Wohnungseigentümer die Widmungsart ohne vorherige Zustimmung aller anderen Wohnungseigentümer (auch von „Büro“ in „Wohnung“), kann er von jedem Wohnungseigentümer auf Unterlassung geklagt werden.
Bei WE-Begründung werden die Widmungen der einzelnen Objekte im Grundbuch einverleibt (z.B. „Wohnung“, „Büro“, Geschäftslokal“, „Ordination“). Bei Umwidmung kann eine Änderung des Grundbuchs nur auf Grund einer grundbuchsfähigen Urkunde (z.B. ein Nachtrag zum WE-Vertrag) erfolgen.
Umwidmung und Stellplatzverpflichtung
Bei Widmungsänderungen ist zu beachten, dass jeweils den aktuellen Stellplatzverpflichtung entsprochen werden muss, selbst wenn bei der Errichtung des Gebäudes noch geringere Verpflichtungen gegolten haben und sich für die neue Raumwidmung eine zusätzliche Stellplatzverpflichtung ergibt (vgl. § 50 Abs. 7 Wiener Garagengesetz 2008 idF LGBl 2014/26). Aktuell verpflichtet § 50 bei Wohnungen zur Schaffung eines Stellplatzes für je 100m² Wohnnutzfläche. Bei Büros besteht diese Verpflichtung aktuell für je 100m² Aufenthaltsraum. Ist dies technisch und/oder wirtschaftlich nicht möglich, kann der Verpflichtung entweder durch vertragliche Sicherstellung eines Stellplatzes auf einer anderen Liegenschaft in einem Umkreis von ca. 500 Metern (§ 51 WGarG 2008) oder durch die Entrichtung der durch gesonderten Bescheid der MA 4 festzustellenden Ausgleichsabgabe (§ 52 WGarG 2008) nachgekommen werden. Der Einheitssatz der Ausgleichsausgabe beträgt je Stellplatz derzeit höchstens EUR 18.000,00 (§ 54 WGarG 2008).